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Lebensqualität im Kiez© franz12/stock.adobe.com
Berlin will künftig mehr Qualitätstourismus in der Stadt

Lebensqualität im Kiez

Quick Wins

Qualitätstourismus:
Im Mittelpunkt steht die Frage, welchen Beitrag der Tourismus für die Menschen, die in Berlin leben, leisten kann.

Ziele:
Gäste sollen die Stadt positiv erleben, Einheimische die Möglichkeit zur Begegnung und Partizipation haben und Umweltschäden minimiert werden.

Umfassende Beobachtung:
Als Entscheidungsgrundlage und zur Besucherlenkung wertet Visit Berlin Mobilfunkdaten aus.

Früher war Visit Berlin in mehr als 50 Ländern der Welt aktiv, um neue Märkte zu erschließen – aber nicht in der Hauptstadt selbst. Das hat sich durch das vom Senat beschlossene „Tourismuskonzept 2018+“ gewandelt: „Heute arbeiten wir in die Stadt hinein“, erklärt Christian Tänzler, Pressesprecher von Visit Berlin, „wir haben uns von einer Marketing- zu einer Destinationsmanagement-Organisation gewandelt.“
Das heißt, man beschäftigt sich inzwischen auch mit Stadtentwicklung. „In Zusammenarbeit mit den Bezirken gestalten wir den Tourismus vor Ort mit“, sagt Tänzler. Während Bezirke wie Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg stark frequentiert sind, gibt es andere, wie zum Beispiel Spandau, die gerne mehr Touristinnen und Touristen begrüßen würden. Diese unterstützt Visit Berlin bei der Angebotsentwicklung. Auch die Kritik und Anregungen der Einheimischen sind gefragt bei Gesprächen vor Ort in den Kiezen, auf der Website des „Hier in Berlin“-Projekts, in Bürgerforen mit Vertreterinnen und Vertretern aus allen Bezirken.

„No Tourists!“-Aufkleber in beliebten Kiezen

In Berlin war die Zeit dafür reif. Mitte der 1990er-Jahre lag die Zahl der Übernachtungen noch bei rund 7,5 Millionen. Sie kletterte 2006 auf knapp 16 Millionen und erreichte 2019 rund 34 Millionen. „Rom hatte dafür 2.000 Jahre Zeit, wir nur 30“, sagt Tänzler, „das macht was mit einer Stadt.“ Die Kritik blieb nicht aus: In besonders beliebten Kiezen prangten „No Tourists!“-Aufkleber, Menschen mit Rollkoffern wurden beschimpft. 2017 gab der Senat deshalb eine Studie in Auftrag, die als Grundlage des neuen Tourismuskonzepts diente.
Demnach will Berlin seinen Anteil an Qualitätstourismus steigern. Was das heißt, erklärt Visit Berlin zunächst mit der Frage: Welchen Beitrag kann der Tourismus für die Menschen, die in Berlin leben, leisten? Die Lebensqualität steht also an erster Stelle. „Berlin hat ein besonderes Lebensgefühl, in das unsere Besucher eintauchen wollen“, erklärt Tänzler. „Dieses positive Erlebnis wollen wir auch in Zukunft für sie und für die Berliner erhalten.“
Darüber hinaus sind im Hinblick auf den angestrebten Qualitätstourismus weitere Ziele für Einheimische, Gäste und die gesamte Gesellschaft formuliert. Um dies zu erreichen, hat Visit Berlin ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergriffen, zu dem unter anderem die Aufgaben in der eigenen Stadt gehören. Sensibilisierung der Bevölkerung ist ebenfalls ein Thema, etwa über die Kampagne, in der Menschen aus verschiedenen Gewerben erklären, warum Tourismus für Berlin wichtig ist. „Vielen ist in der Corona-Krise ein Licht aufgegangen, wie viele Menschen im Tourismus Arbeit finden“, sagt Tänzler und verweist außerdem auf die vielen kulturellen Angebote, die es ohne Gäste in dem Umfang nicht gäbe. „Das Bewusstsein dafür hat sich inzwischen gewandelt.“

Gut zu Wissen: Qualitätstourismus in Berlin bedeutet

für Gäste: Verbesserung der Möglichkeiten, die Metropole und ihre Menschen positiv zu erleben, sich während des Aufenthalts wohlzufühlen und nach der Reise zufrieden zu sein.

für Einheimische: Verbesserung der Möglichkeiten zu Wertschätzung, positiven Begegnungen und wirtschaftlicher Partizipation durch den Tourismus. Dies hängt davon ab, ob jemand direkt mit und für Gäste arbeitet oder kaum Berührungspunkte mit ihnen hat.

für die Gesellschaft: Die schädlichen Umwelteinwirkungen des Tourismus sollen minimiert und insbesondere der touristische CO2-Fußabdruck reduziert werden.
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Eine App führt zu weniger bekannten Zielen

Zur Qualität gehört aber auch, das touristische Geschehen umfassend zu beobachten und zu steuern. Dazu nutzt Visit Berlin unter anderem die Mobilfunkdaten der Gäste und kann erkennen, wo es sich ballt. „Dann rücken wir eine andere Attraktion, die weniger besucht ist, in den Mittelpunkt“, sagt Tänzler. Er spricht nicht gerne von Besucherlenkung, sondern davon, Gäste zu inspirieren, etwa mit der App „Going Local Berlin“, die Tipps „abseits der bekannten Pfade“ liefert.
Die Berliner Definition zum Qualitätstourismus umfasst außerdem das Ziel, den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Visit Berlin hat dabei vor allem die Anreise mit Bahn und Bus im Blick und arbeitet eng mit Nachtzug-Anbietern zusammen. Allerdings wird ebenso der Flugverkehr gefördert: „Wir brauchen ihn – vor allem für den MICE-Markt, der bei uns 33 Prozent der Übernachtungen ausmacht“, betont Tänzler. „Nachhaltigkeit bedeutet eben auch den Erhalt von Arbeitsplätzen.“ Übrigens auch bei Visit Berlin: Für die vielen neuen Aufgaben, die der Qualitätstourismus mit sich bringt, braucht es mehr Mitarbeitende. „Den Strukturwandel gibt es nicht umsonst“, sagt Tänzler, „dazu muss die Politik auch bereit sein.“

Berlins Tourismuskonzeption

Eine Studie von dwif-Consulting und der Humboldt Innovation GmbH bildete die Grundlage zum „Tourismuskonzept 2018+“.
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